COMMET – ein rechnerunterstütztes Informationssystem zur Konstruktion von umweltgerechten Maschinen und Anlagen

J. Klose, E. Hahn, G. W. Heinevetter, Th. Schön

Beitrag zum TQU Symposium 1998: Nachhaltige Produkt- und Prozeßentwicklung

Ulm, 18.03.1998
 
 
 

Inhalt


Die Bedeutung der Umweltverträglichkeit von technischen Produkten nimmt im öffentlichen Interesse einen immer größeren Stellenwert ein. Das Augenmerk richtet sich dabei in zunehmendem Maße nicht mehr ausschließlich auf den Betriebseinsatz des Produktes, sondern auf den gesamten Lebenszyklus von der Fertigung bis zum Recycling. Das geschärfte Umweltbewußtsein der Öffentlichkeit hat unmittelbaren Einfluß auf die Anforderungen, die das Produkt erfüllen muß. Es ist Aufgabe des Konstrukteurs, auch diese zusätzlichen Aufgaben bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen. In den vergangenen Jahren sind eine Vielzahl von Erkenntnissen erarbeitet und veröffentlicht worden, die dem Konstrukteur diese Arbeit erleichtern. Zudem sammeln die Firmen und ihre Mitarbeiter mit jeder ausgeführten Konstruktion individuelle Erfahrungen mit der Berücksichtigung ganzheitlicher Umweltaspekte bei der Produktentwicklung. Ziel von COMMET (Constructing and Design of machines and mechanisms using environment-friendly technology) ist es, dem Konstrukteur den Umgang mit dieser Informationsflut zu erleichtern. Dabei gilt das besondere Augenmerk dem Konstrukteur in KMU (kleine und mittlere Unternehmen).
 

1 Einleitung

Vielfältige Umweltaspekte im Lebenszyklus eines Produktes sind erforscht worden und es wurden Regeln und Methoden abgeleitet, die eine Berücksichtigung bei der Produktentwicklung erlauben. Die Regeln und Methoden sind veröffentlicht und liegen in Form von Normen, Richtlinien oder Fachbüchern vor. So existieren Richtlinien zur Konstruktion schallarmer und recyclinggerechter Produkte. Andere Umweltaspekte finden bereits in den herkömmlichen Berechnungsunterlagen ihren Niederschlag.

Abbildung 1: Informationsbedarf bei der Konstruktion

In vielen Bereichen decken sich Umwelt- und Kostenaspekte der Produkte. Mit dem Ziel, Kosten zu senken, sind bereits seit langem Aspekte wie die Minimierung der Werkstoffmenge und der Werkstoffvielfalt sowie Senkung des Energie- und Hilfsstoffverbrauchs Kerngedanken bei der Konstruktion. Ergänzt werden diese klassischen Bereiche durch Überlegungen zur umweltgerechten Kombination von Werkstoffen, zur Wahl umweltgerechter Hilfs- oder Betriebsstoffe. Nur ein geringer Teil dieser Informationen kann in der Ausbildung vermittelt werden oder ist in Standardwerken schnell zugänglich. Fehlen dem Konstrukteur eigene Erfahrungen auf dem jeweiligen Gebiet, sind aufwendige Recherchen notwendig, um an die Informationen zu gelangen. Diesen Aufwand kann der Konstrukteur in Praxis nur in besonderen Einzelfällen treiben (Abbildung 1: Informationsbedarf bei der Konstruktion).

Über diese wissenschaftlichen und oft theoretischen Erkenntnisse hinaus sammelt jeder Konstrukteur bei seiner Tätigkeit Erfahrungen, auch aus dem Bereich der gezielten Entwicklung umweltgerechter Erzeugnisse. Das persönliche Erfahrungswissen ist die effektivste Informationsquelle bei der Lösung neuer Aufgaben. Sie steht dem einzelnen unmittelbar zur Verfügung und erlauben ihm vielfach die gezielte Lösung selbst von komplexen Problemen. Nicht befriedigend ist aber bis heute die Aufbereitung des Erfahrungswissens zum Nutzen der gesamten Firma.

Ein weiterer Problembereich ist die Beurteilung von Konstruktionen nach Umweltgesichtspunkten. Es sind eine Reihe von Methoden und Programmen zur Durchführung von Ökobilanzen erstellt worden. Der Einsatz dieser Werkzeuge ist aber äußerst aufwendig und erfordert in der Regel ein ganzes Team von Experten. Sie sind nicht geeignet, dem Konstrukteur bei der Arbeit unmittelbar Hinweise auf die Umweltgüte seiner Entwicklung zu geben.

Aus den aufgezeigten Problemen bei der Erschließung von Umweltinformationen für den Konstrukteur ergeben sich die Ziele für das Informationssystem COMMET:

2 Stand der Technik

2.1 Umweltgesichtspunkte der Erzeugnisse

Jedes Produkt steht in Wechselwirkung mit der Umwelt. Dies beginnt bei der Rohstoffgewinnung und endet mit der Reststoffentsorgung. Dieser Teil des Produktlebenszyklus’ in dem das Produkt physisch existiert muß bei der Entwicklung berücksichtigt werden.

Grob läßt sich dieser Teil des Produktlebenszyklus’ in die Phasen:

unterteilen. Heute liegen Erkenntnisse für die umweltgerechte Produktgestaltung zu allen Phasen des Produktlebenszyklusses vor. Der Konstrukteur muß dieses Wissen bei der Erzeugnisentwicklung berücksichtigen.

2.2 Konstruktiver Entwicklungsprozeß

Die theoretischen Erkenntnisse zum konstruktiven Entwicklungsprozeß werden heute in der Praxis erfolgreich eingesetzt. Dazu sind Werkzeuge und Methoden entwickelt worden. Der Einsatz dieser Hilfsmittel verbessert die gezielte Produktentwicklung. Der Konstrukteur wird von der Erarbeitung der präzisen technischen Aufgabenstellung bis zur Ausarbeitung der Fertigungs- und Nutzungsunterlagen methodisch und rechentechnisch unterstützt. Er muß die Ideen für neue Produkte weiterhin selbst hervorbringen. Von organisatorischen Aufgaben wird er durch die Hilfsmittel entlastet.

2.3 Wissensverarbeitung

Die Informationen, ihre Gewinnung und ihre Verarbeitung bilden ein wesentliches Element in allen Phasen und Schritten der Konstruktion. Dies gilt unabhängig von der rechentechnischen Ausstattung. In jedem Arbeitsschritt wird ein bekannter Ausgangszustand zu einem höherwertigen Endzustand weiterentwickelt. Das persönliche Erfahrungswissen reicht dabei oftmals nicht aus. Informationen von außen müssen mit erschlossen werden. In mehreren Schritten wird systematisch eine Lösung für ein gegebenes Problem gesucht.

2.4 Erfahrungswissen

Die Erfahrungen aus gelösten ähnlichen Problemstellungen bilden eine wesentliche Basis bei der Entwicklung neuer technischer Lösungen. Sie helfen auch bei komplexen Problemen. Solche komplexen Problemstellungen treten häufig auf, wenn bei der Konstruktion Umweltaspekte berücksichtigt werden sollen. Sinnvollerweise werden nicht nur eigene Erkenntnisse beachtet. Auch die Erfahrungen anderer Mitarbeiter sind bedeutend und sollen der Firma erschlossen werden.

2.5 Bewertung

Es reicht nicht aus, das persönliche Erfahrungswissen jedes Mitarbeiters zu erfassen, es muß auch aufbereitet werden. Dabei werden die Kernaussagen herausgearbeitet und es erfolgt eine qualitative Bewertung. So aufbereitetes Erfahrungswissen kann allgemein und effektiv eingesetzt werden. Es sind unterschiedliche Bewertungsverfahren entwickelt worden. Sie unterstützen bei dieser Aufgabe.

3 Problembeschreibung

3.1 Erschließen, Aufbereiten und Bereitstellen des Erfahrungswissens

Jeder Mitarbeiter sammelt bei seiner Arbeit Erfahrungswissen. Er prägt sich für gelöste Aufgaben die erfolgreichen Lösungswege detailliert ein. Ebenso merkt er sich aber auch Lösungsansätze, die nicht zum gewünschten Ziel führten. Diese persönlichen Erfahrungen bilden eine wesentliche Grundlage bei der schnellen und zielgerichteten Lösung neuer Aufgabenstellungen. Erfahrungswissen hat neben der unmittelbaren Präsenz den Vorteil, daß es auf allen Bereichen gesammelt wird. Jeder sammelt automatisch auch Erfahrungen aus Bereichen, die sich einer einfachen Berechnung oder rechentechnischen Lösung entziehen. Zentral erfaßt werden bis heute aber nur technische Zeichnungen, Stücklisten und Berechnungsunterlagen.

Die wesentlichen Bereiche des Erfahrungswissen, die Gründe und Überlegungen, die zur jeweiligen Entscheidung führten, werden meist nicht dokumentiert. Dieses Wissen existiert nur bei den Erfahrungsträgern der Firma und wird meist nur im persönlichen Kontakt der Mitarbeiter weitergegeben. Besonders deutlich wird dies bei Problembereichen, die sich der einfachen Berechnung und schnellen Erlernbarkeit entziehen. Diese Bereiche lassen sich weder effizient in der Ausbildung vermitteln, noch sind schnelle Computerprogramme vorstellbar, die den Konstrukteur unterstützen. Dazu zählen wesentliche Bereiche der Entwicklung umweltgerechter Erzeugnisse.

Die Problematik unterteil sich in:

Werden diese Aufgaben gelöst, verkürzt sich die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter, der Entwicklungsprozeß wird beschleunigt und Fehlentscheidungen werden vermieden.

3.2 Art und Umfang jeder Informationseinheit

Ein Problembereich ist der konkrete Übergang vom Erfahrungswissen zu verarbeitbaren Informationen. Ziel ist es, alle produktrelevanten Erfahrungen erschließen zu können. Das Erfahrungswissen läßt sich nur in stark unterschiedlichen Informationseinheiten erfassen. Komplexe Informationsbereiche erfordern meist einen hohen Informationsumfang. In anderen Bereichen genügen oft nur wenige kompakte Einzelinformationen. Um die Informationen ordnen und verarbeiten zu können, müssen alle Informationseinheiten aber über eine einheitliche Oberstruktur verfügen (Abbildung 2: Struktur einer Informationseinheit).

Abbildung 2: Struktur einer Informationseinheit

In COMMET wird eine zweidimensionale Struktur für jede Informationseinheit realisiert. Die Oberbegriffe für jede Teilinformation bleiben gleich. Neben festgelegten Informationsinhalten, lassen sich zu jedem Oberbegriff nach Art und Inhalt unterschiedliche Einzelinformationen erfassen.
 

4 Lösungsansatz

Eine praxisgerechte Form, Erfahrungswissen zu erschließen, sind Beispiellösungen mit Bemerkungen des Urhebers. Beispiellösungen sind in der Regel ausgeführte Konstruktionen. Als Basis dienen dazu technische Zeichnungen, Stücklisten, Berechnungsunterlagen und Literaturhinweise. Hinzu kommen Anmerkungen des jeweiligen Konstrukteurs. So werden in COMMET Zeichnungen, Kennlinien, Skizzen, Kennwerte, ergänzende Texte, Quellenangaben und Literaturhinweise erfaßt, ausgewertet und ausgegeben. Bei jedem Beispiel wird mindestens ein markanter Umweltaspekt herausgearbeitet. Um die erfaßten Informationen für einen breiten Nutzerkreis effizient zugänglich zu machen, ist es notwendig, diese geordnet zu speichern und zu bewerten.

Als Ordnungsschema hat sich die Ordnung der technischen Funktionselemente angeboten. Alle Funktionselemente der Maschine werden dabei den Funktionsbereichen:

zugeordnet.
 

5 Erschließen von Praxisbeispielen

COMMET erschließt das Erfahrungswissen des Einzelnen in Form von Beispiellösungen. Unter Beispiellösungen werden Maschinenelemente, Baugruppen oder ganze Produkte verstanden. Es werden Werkzeuge zur Verfügung gestellt, mit denen der Konstrukteur ohne großen Mehraufwand seine Entwicklungen in das System integrieren kann. Diese Erkenntnisse stehen dann einem breiten Nutzerfeld zur Verfügung. Wesentlich sind bei diesem Informationssystem:

5.1 Struktur der Funktionselemente

Zur Erzielung optimaler Nutzerfreundlichkeit, folgt der Aufbau des Informationssystem der Denkweise der Nutzer. Bei COMMET sind das Maschinenbaukonstrukteure. Auch in der Praxis hat sich das Vorgehen nach den Erkenntnissen des konstruktiven Entwicklungsprozesses durchgesetzt. Hierbei wird die Gesamtaufgabe in lösbare Teilaufgaben unterteilt, die dann konstruktiv ausgearbeitet werden. Diese Teilaufgaben entsprechen Bauelementen oder Baugruppen der Maschine und nur im Ausnahmefall einer kompletten Maschine. Sinnvolle Beispiele für COMMET sind daher auch Maschinenelemente, Baugruppen oder Maschinen.

Abbildung 3: Funktionsstruktur der Maschine (1. Ebene von 3 Ebenen)

Für COMMET stellte sich die Struktur nach Funktionselementen (Abbildung 3: Funktionsstruktur der Maschine (1. Ebene von 3 Ebenen)) als gute Lösung heraus. Beispiele lassen sich so sinnvoll und nachvollziehbar zuordnen. Da Maschinenteile oftmals mehrere unterschiedliche Funktionen erfüllen, sind auch mehrfache Zuordnungen möglich.

5.2 Struktur der Umweltaspekte

Die Umweltaspekte der Maschinenelemente werden anhand des Produktlebenszyklus strukturiert (Abbildung 4: Umweltstruktur (1. Ebene von 3 Ebenen)).

Abbildung 4: Umweltstruktur (1. Ebene von 3 Ebenen)

Es wird nicht der Anspruch erhoben, umfassend alle Umweltnebenwirkungen qualitativ und quantitativ zu erfassen. Dies ist bis heute nur im Rahmen aufwendiger Ökobilanzen möglich. Ziel von COMMET ist es vielmehr auf besondere Gefahren hinzuweisen und dem Konstrukteur die Möglichkeit zu geben, diese zu vermeiden.

Dieser vergleichsweise geringe Anspruch hat die Vorteile:

5.3 Bewertung der Beispiellösungen

Ein wesentlicher Bestandteil der Aufbereitung von Beispiellösungen stellt ihre Bewertung dar. Bei der Bewertung wird jeder gespeicherten Information, z.B. Beispiellösung, der oder die zutreffenden Umwelteffekte zugewiesen. Andere Nutzer der Information erkennen so unmittelbar mögliche Problemstellen. Diese Bewertung soll der Nutzer selbständig bei der Speicherung der Beispiel durchführen. Prinzipiell bieten sich dazu zwei Wege an:

5.3.1 Multikriterielle Bewertung

Umfassende Bewertungen, wie sie in Ökobilanzen durchgeführt werden, bauen auf der detaillierten Analyse des gesamten Produktlebenszyklus auf. Ein Team von Experten erarbeitet für vergleichbare Lösungsvarianten eine Bilanz. Am Ende dieses umfangreichen Prozesses sind genaue Aussagen über eine Vielzahl von Umweltnebenwirkungen möglich. Ein solch aufwendiges Verfahren ist nur in besonderen Einzelfällen sinnvoll und wird für gesamte Produkte durchgeführt.

Als Werkzeug für solch detaillierte Bewertungen ist ein multikriterielles Bewertungssystem Bestandteil von COMMET. Rechnerunterstützt lassen sich so umweltrelevante Einzelaspekte der Varianten bewerten und die relative Umweltverträglichkeit der Varianten ermitteln.

5.3.2 16-Punkte-Raster

 
LfdNr. Bewertungsgruppe Bewertungsaspekt Merkmale für Einstufung
A Idealzustand B Akzeptabler Zustand C Dringender Handlungsbedarf
1 Rohstoff, Ausgangsstoff Werkstoffvielfalt Nur ein Werkstoff oder Werkstoffe gemeinsam verwertbar mit hochwertigen Sekundärrohstoffen Werkstoffe gemeinsam verwertbar mit minderen Sekundärrohstoffen Werkstoffe nicht gemeinsam verwertbar
2 Werkstoffmenge Leichtbau, höchste Werkstoffauslastung mit vertretbarer Sicherheit Funktionsgerechte Dimensionierung des Produktes Überdimensionierung (nicht funktionsnotwendig)
3 Einsatz von Sekundärrohstoffen und Rezyklaten Hoher Rezyklatanteil (100%-70%) Mittlerer Rezyklatanteil (70%-30%) Niedriger oder kein Anteil (30%-0%)
4 Fertigung Kennzeichnung der Schadstoffe Maschinenlesbarer Kennzeichnung, Kennzeichnungsgrad 100% Kennzeichnungsgrad 100%, manuell lesbar Kennzeichnungsgrad kleiner 100%
5 Kennzeichnung der Konstruktionswerkstoffe Hoher maschinenlesbarer Kennzeichnungsgrad (100%-70%) Mittlerer Kennzeichnungsgrad (70%-30%) Niedriger oder kein Anteil (30%-0%)
6 Einsatz energiesparender Verfahren Energiesparende Fertigung, Kaskadennutzung von Energie Energiesparende Fertigung Hoher Energieverbrauch
7 Betrieb Betriebsstoffvielfalt Nur ein Betriebsstoff oder Betriebsstoffe gemeinsam verwertbar - keine toxischen Betriebsstoffe Minimum von unterschiedliche nicht gemeinsam umweltverträglich verwertbare Betriebsstoffe - keine toxischen Betriebsstoffe Unterschiedlichste Betriebsstoffe oder toxischen Betriebsstoffe
8 Betriebsstoffmenge Geringe Betriebsstoffmenge und minimaler Verbrauch Mäßige Betriebsstoffmenge und mäßiger Verbrauch Große Menge und Verbrauch
9 Emissionen Keine Gering durch Betrieb unvermeidbar Hoch
10 Lebensdauererhöhung Geringer Verschleiß, auf wenige leicht tauschbare Teile beschränkt Mittlerer Verschleiß, betroffene Teile tauschbar Hoher Verschleiß, ohne Tauschbarkeit der betroffenen Teile
11 Produktpflege und -betreuung Laufende Verbesserung der Produkte, Nachrüstungsmöglichkeiten und Information der Kunden Laufende Verbesserung der neuen Produkte, aber keine Integration in ausgelieferte Produkte Seltene Überarbeitung der Produkte und keine Rückkopplung zum Kunden
12 Wirkungsgrad Geringer Energieverbrauch, Kaskadennutzung von Energie Geringer Energieverbrauch Hoher Energieverbrauch
13 Recycling Recyclingfähigkeit Leichte Aufarbeitung mit gegenüber Neuteil gleicher Produktqualität Aufarbeitung mit mäßigem Aufwand möglich und vermarktbare Produktqualität Aufarbeitung nicht oder nur mit hohem Aufwand möglich
14 Demontagegerechtheit Modulbauweise vollständig realisiert Partielle Modulbauweise Komplexe Verbundstruktur
15 Reststoffe Energiegewinnung bei Verwertung Hohe Energieausbeute bei thermischer Verwertung, keine problematischen Emissionen und Reststoffe Geringe Energieausbeute, für unvermeidbare Emissionen und Reststoffe sind Sekundärmaßnahmen verfügbar  Keine Energieausbeute, problematische Reststoffe und Emissionen
16 Energieaufwand bei Entsorgung Kein Energieaufwand bei Entsorgung, keine energieintensiven Zusatzmaßnahmen Energieaufwand für Entsorgung der Reststoffe und von Stoffen aus der Entsorgung gering Hoher Aufwand für umweltgerechte Entsorgung

Tabelle 1: 16-Punkte-Bewertungsraster (z.T. nach ITZ und DBU)

Um in der kurzen, in der Praxis zur Verfügung stehenden Zeit, zu aussagefähigen Bewertungen zu gelangen, bedarf es der systematischen Unterstützung des Konstrukteurs. Geeignet ist hier eine rechnerunterstützte Bewertung anhand eines Bewertungsrasters (Tabelle 1: 16-Punkte-Bewertungsraster (z.T. nach ITZ und DBU))

Soweit wie möglich, gibt der Konstrukteur zu jedem der Punkte eine Bewertung ein. Er hat dabei jeweils die Wahl zwischen:

A: Idealzustand

B: Akzeptabler Zustand

C: Dringender Handlungsbedarf

Am Ende dieses kurzen Prozesses kann er selbständig Aussagen über mögliche Umweltrisiken einzelner Bauteile treffen. Bereits bei der Entwicklung kann er negativen Folgen für die Umwelt vermeiden. Über diesen einfachen Prozeß erstellt der Konstrukteur zudem eine Rangfolge der Lösungsvarianten entsprechend den 16 Umweltaspekten.

 

6 Beispiellösungen in COMMET

Der Aufbau des Informationsbestandes von umweltgerechten Konstruktionen ist von großer Bedeutung für das Informationssystem, COMMET. Durch eine hohe Anzahl erfaßter Konstruktionsbeispiele wird der Gebrauchswert des Informationssystems gewährleistet.

Erfaßt werden praktische Lösungen aus den Partnerfirmen sowie Beispiele aus der Literatur. Zu erwähnen sind hier Fachbücher, Fachzeitschriften und Tagungsbände sowie Normen und Richtlinien. Berücksichtigung finden auch Beispiellösungen aus dem Internet.

Um den Konstrukteur auf die wesentlichen Merkmale hinzuweisen, müssen die gefundenen Konstruktionsbeispiele aufbereitet werden. Erfaßt werden zu den Beispiellösungen umweltzielbeschreibende, beispielbeschreibende und beispielbewertende Informationen. Diese Informationen beinhalten die Schwerpunkte:

  • Datenursprung
  • Beschreibung der Maschine / des Bauteils
  • Zugriffstruktur
  • Werkstoffe
  • Recycling und Reststoffe
  • Fertigungsverfahren
  • Betriebsangaben und
  • Umweltbezogene Gesichtspunkte
  • Um in der kurzen Projektlaufzeit zu einem sinnvoll einsetzbaren Prototypen des Informationssystems zu gelangen, ist es notwendig, sich auf wenige Informationsbereiche zu beschränken. Für diese Bereiche steht dann eine hinreichend Anzahl von auswählbaren Beispielen zur Verfügung. Nach Auswertung der ersten erfaßten Beispiele erfolgte die Festlegung auf die vier häufigsten Umweltaspekte. Diese sind:
  • Emissionen im Betrieb
  • Energieverbrauch
  • Stoffrecycling und
  • Demontagegerechte Konstruktion.
  • Die gefundenen Beispiellösungen zeichnen sich durch eine unterschiedliche Aussagefähigkeit aus. Die Lösungen reichen von Prinzipdarstellungen bis zu komplexeren Konstruktionen von Baugruppen. Dies entspricht den Anforderungen der Praxis.

    Einen wesentlichen Teil jeder Beispiellösung bildet die grafische Darstellungen in Form von Skizzen oder Zeichnungen. Wie in der (Abbildung 5: Schallminderung durch querkraftfreien Antrieb) verdeutlicht, können der Ausgangszustand sowie die verbesserte Konstruktion, als auch mehrere Varianten der konstruktiven Lösung erfaßt werden. Prinzipskizzen oder Konstruktionszeichnungen ermöglichen einen schnellen Überblick über die konstruktive Lösung.
     
     


    Abbildung 5: Schallminderung durch querkraftfreien Antrieb (modifiziert nach Weck)

    Im dargestellten Beispiel führt in der Ausgangslösung die Durchbiegung der Getriebeeingangswelle einer Drehmaschinenantriebes bedingt durch die Riemenzugkraft zu Zahnrichtungsfehlern an der ersten Zahnradpaarung. Durch die Verschiebung der riemenseitigen Wellenlagerung in die Riemenscheibe wurde dieses Problem vermieden. Die aus der Riemenzugkraft resultierenden Querkräfte werden direkt in das Maschinengehäuse eingeleitet. Die Eingangswelle wird von diesen Kräften entlastet und somit Durchbiegung und Zahnrichtungsfehler wesentlich vermindert.

    Die Integration von Kennlinien (Abbildung 6: Frequenzanalysen des abgestrahlten Luftschalls) veranschaulicht die erzielten Umwelteffekte des Konstruktionsbeispieles.

    Neben der Quellenangabe und Beschreibung der konstruktiven Lösung werden auch weiterführende Literaturangaben, Richtlinien und Normen erfaßt. Der Nutzer erhält so die Möglichkeit, sich eingehend mit der Problematik vertraut zu machen.
     
     


    Abbildung 6: Frequenzanalysen des abgestrahlten Luftschalls (nach Weck)
     

    7 Softwareumsetzung von COMMET

    COMMET wird in der Programmiersprache Java rechentechnisch umgesetzt. Die Speicherung und Verwaltung der Daten erfolgt in einer Oracle - Datenbank. Diese Kombination sichert die volle Kompatibilität des Informationssystems zum Internet. Das Internet stellt eine preiswerte Möglichkeit zur Datenübertragung dar. Es ist zudem vergleichsweise leicht möglich, auf räumlich verteilt gespeicherte Informationen zuzugreifen.

    Für einen ersten Eindruck sollen zwei Bildschirmdarstellungen dienen. In Abbildung 6 (Abbildung 7: Suche von Beispielen nach Schlagwörtern) wird der Anfragebildschirm dargestellt. Neben dem Vorgehen entsprechend der Funktionselementstruktur (Menüpunkt: Browser), erlaubt COMMET auch die Suche nach Schlagwörtern. Suchbegriffe können dabei aus Katalogen ausgewählt oder frei eingegeben werden.

    Abbildung 7: Suche von Beispielen nach Schlagwörtern

    Abbildung 8: Kurzanzeige gefundener Beispiele

    Ist die Suche abgeschlossen, erlaubt COMMET die Kurzansicht der gefundenen Beispiellösungen (Abbildung 8: Kurzanzeige gefundener Beispiele). In dieser Kurzanzeige sieht der Nutzer die graphische Darstellung und eine kurze Beschreibung zu jedem Beispiel, die den primären Umweltaspekt und die technische Umsetzung beschreiben.

    Für viele Anwendungsfälle, beispielsweise bei der Suche nach prinzipiellen Lösungsmöglichkeiten, reicht diese Kurzanzeige. Für genauere Angaben stehen für jedes Beispiel eine Detailansicht (oder mehrere), ggf. Kennlinien, Kenngrößen, ergänzende Texte und Hinweise auf weiterführende Informationen zur Verfügung.
     

    8 Zusammenfassung

    In COMMET wird ein Informationssystem erstellt, das es dem Konstrukteur in der Praxis erlaubt, Erfahrungswissen geordnet abzuspeichern und nach Umweltgesichtspunkten zu bewerten. Das so aufbereitete Erfahrungswissen des Einzelnen wird über COMMET einem größeren Nutzerkreis in dem Unternehmen erschlossen, als dies über den unmittelbaren Kontakt zu Kollegen möglich ist. Durch die Kopplung zum Internet kann zudem auf zentral gespeicherte Daten zugegriffen werden und der Nutzer hat die Möglichkeit, eigene Erkenntnisse auch externen Nutzern zugänglich zu machen. Einmal entwickelte umweltfreundliche technische Lösungen werden auf diese Weise immer wieder eingesetzt und den Firmen steht ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem, ohne nennenswerten Mehraufwand, das Wissen der Erfahrungsträger der gesamten Firma erschließt.
     

    9 Literatur

  • Klose, J.; Heinevetter, G.; Schön, Th.

  • COMMET – Desing of environment-friendly products by using practical examples, Abschnitt in: Life Cycle Networks Proceeding of the 4th CIRP International Seminar on Life Cycle Engineering 26-27 June, Berlin, Germany
    London, ...: Chapman ∓ Hall, 1997
  • Klose, J.; Heinevetter, G. and Schön, Th.

  • Leistungsfähige Ingenieurdatenbank zur Schallberücksichtigung in der Entwicklung und Konstruktion von Maschinen. Zakopane: CIM 96, 1996
  • Klose, J.; Heinevetter, G.

  • Informationssystem zur Integration schwer faßbarer Informationsbereiche in der Produktentwicklung.
    Wien: DAAAM Symposium, 1996
  • Klose, J. (Hrsg.)

  • Konstruktionsinformatik im Maschinenbau.
    Berlin: Verlag der Technik, 1990
  • Pahl, G. and Beitz, W.

  • Konstruktionslehre.
    Berlin, ...: Springer Verlag, 1997
  • VDI-Richtlinie 2221

  • Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte.
    Düsseldorf: VDI-Verlag, 1993
  • VDI-Richtlinie 2243

  • Konstruieren recyclinggerechter technischer Produkte.
    Düsseldorf: VDI-Verlag, 1990